
Der BMW 700 war ein Meilenstein der deutschen Automobilgeschichte. Von 1959 bis 1965 produziert, rettete er die Marke mit über 188.000 gebauten Einheiten aus einer finanziellen Krise. Sein Design und seine Technik setzten neue Maßstäbe.
Als erster Wagen des Herstellers mit selbsttragender Karosserie verband er Leichtbau mit sportlicher Eleganz. Der Heckmotor und das Leichtmetall-Kurbelgehäuse machten ihn zu einem echten Innovationsträger.
Dieses Auto bildete die Brücke zwischen der legendären Isetta und der späteren „Neuen Klasse“. Mit seinem Charme konnte er sogar dem dominierenden VW Käfer Konkurrenz machen. Ein echter Klassiker, der bis heute begeistert.
Einleitung: Der BMW 700 als Retter einer Legende
Mit nur 2% verbliebenem Aktienwert kämpfte das Unternehmen ums Überleben. Das Jahr 1959 markierte einen Tiefpunkt: 98% des Börsenwerts waren verloren, und eine Übernahme durch Daimler schien unausweichlich. Doch Kleinaktionäre und die mutige Kapitalerhöhung durch Herbert Quandt verhinderten das Schlimmste.
Der Schlüssel zur Rettung? Ein kompaktes Fahrzeug mit selbsttragender Karosserie. Entwickelt für 12,5 Mio. DM, sorgte es bereits auf der IAA für Furore. 25.000 Vorbestellungen sprachen eine klare Sprache – der Markt war bereit für Innovation.
- Produktionsstart April 1960: 155 Einheiten pro Tag rollten vom Band.
- Wirtschaftlicher Aufschwung: Innerhalb eines Jahres stieg der Umsatz um 54%.
Wolfgang Denzel, österreichischer Importeur, erkannte früh das Potenzial. Sein Feedback floss direkt in die Designoptimierung ein. Zeitungen wie der Spiegel titelten:
„Ein Wagen, der nicht nur Technik, sondern auch Hoffnung verkörpert.“
Die Zahlen bewiesen es: Dieses Modell wurde zum meistverkauften Auto der Marke – und legte den Grundstein für spätere Erfolge wie die Neue Klasse.
Die Entwicklungsgeschichte des BMW 700
Hinter dem Erfolg standen zwei kreative Köpfe mit unterschiedlichen Stärken. Der österreichische Importeur Wolfgang Denzel und der italienische Designer Giovanni Michelotti formten gemeinsam ein Fahrzeug, das Technik und Eleganz vereinte.
Die Rolle von Wolfgang Denzel und Giovanni Michelotti
Denzels Wiener Designstudie lieferte die praktische Basis, während Michelotti mit fließenden Linien den Charakter prägte. Die Karosserie vereinte Leichtbau und Stabilität – ein Novum für die damalige Zeit.
Besonders innovativ: Das Stahlblech-Monocoque. Mit nur 640 kg Leergewicht setzte es Maßstäbe. Kritiker lobten die Aerodynamik, monierten jedoch den Motorlauf des adaptierten Motorradmotors.
Von der Idee zur Serienproduktion
Der Prototyp debütierte im Juli 1958 in Starnberg. Das Chassis basierte auf dem BMW 600, erhielt aber eine Dubonnet-Vorderachse für bessere Straßenlage.
Herausforderungen gab es bei Baur, wo das Cabriolet entstand. Trotzdem rollten ab April 1960 täglich 155 Einheiten vom Band – ein Triumph der Ingenieurskunst.
Spezifikation | Prototyp (1958) | Serienmodell (1960) |
---|---|---|
Radstand | 2120 mm | 2280 mm (LS-Variante) |
Gewicht | 658 kg | 640 kg |
Karosserie | Versuchs-Monocoque | Serienreifes Stahlblech |
Ein besonderes Kapitel: Der Lizenzbau in Argentinien als De Carlo 700 Glamour. Selbst overseas begeisterte das Konzept.
Technische Daten und Modellvarianten
Technische Innovationen prägten das Erscheinungsbild dieses Fahrzeugs. Von der Karosserie bis zum Motor setzte es Maßstäbe in Kompaktheit und Effizienz. Drei Hauptvarianten begeisterten Autofans: Limousine, Coupé und Cabriolet.
Motor und Leistung
Herzstück war der M107-Boxermotor mit 697 cm³ Hubraum. Der luftgekühlte Zweizylinder leistete zwischen 22 und 40 PS – abhängig vom Verdichtungsverhältnis (7,5:1 bis 9,8:1).
Besonderheit: Der Königswellenantrieb für die Nockenwelle. Er sorgte für einen ruhigen Lauf und hohe Drehfreudigkeit. Höchstgeschwindigkeit: stolze 120 km/h.
Karosserieversionen
Die Karosserie bot Wahlfreiheit:
- Limousine: Praktisch und alltagstauglich (154.557 Einheiten).
- Coupé: Sportlich-elegant, perfekt für Enthusiasten.
- Cabriolet: Selten (2.592 Stück) und mit 6.950 DM ein Luxusgut.
Die LS-Variante
Die Lange Serie (LS) überzeugte mit 2280 mm Radstand und 3860 mm Länge. Mehr Platz, bessere Kühlluftzufuhr – ideal für Langstrecken.
Modell | Länge (mm) | Radstand (mm) | Besonderheit |
---|---|---|---|
Standard | 3540 | 2120 | Kompaktbau |
LS | 3860 | 2280 | Komfortoptimiert |
Cabriolet | 3540 | 2120 | Handgefertigt |
Sondermodelle wie der Jacques Coune-Kombi oder futuristische Colani-Prototypen blieben Raritäten. Sie zeigten das kreative Potenzial dieser Version.
Der BMW 700 im Motorsport
Bergrennen und Rundstrecken wurden zur Bühne für technische Meisterleistungen. Der kompakte Flitzer überraschte mit Agilität und Zuverlässigkeit – selbst gegen stärkere Rivalen.
Erfolge bei Bergrennen und Rundstrecken
Hans Stuck holte 1960 den Bergmeistertitel. Sein coupé profitierte von der Leichtbauweise und optimierten Aerodynamik. Walter Schneider folgte 1961 mit einem Triple: Siege bei Berg-, Rundstrecken- und Davos-Rennen.
Technische Highlights der Rennversionen:
- Trockensumpfschmierung (ölunabhängiges System für extreme Kurvenlage)
- Doppelvergaser für maximale Leistungsentfaltung
- Gewichtsreduktion durch Alu-Teile
Der BMW 700 RS: Ein Rennsport-Spezial
Der 700 RS war die Krönung: 70 PS bei 8000 U/min, beschleunigt auf 185 km/h. Der Gitterrohrrahmen und die Alu-Karosserie machten ihn zum Leichtgewicht.
Das Martini-coupé schaffte sogar 200 km/h. Basis war ein modifizierter Serienmotor, doch die Rennversion lief bei 1000-km-Rennen am Nürburgring 1963 zu Höchstform auf.
„Ein Sieg der Ingenieurskunst über die Physik – der RS war seiner Zeit voraus.“
Heute sind RS-Exemplare begehrte Sammlerstücke. Auktionen erreichen Spitzenwerte über 500.000 €.
Die Bedeutung des BMW 700 für das Unternehmen
35% des Umsatzes stemmte ein einziger Wagen – ein Rekord. In den Jahren 1960-1962 sicherte das Modell nicht nur die Finanzen, sondern legte den Grundstein für spätere Erfolge.
- Gewinnsprung von 28,6 Mio. DM (1960) auf 42,3 Mio. DM (1961)
- 181.411 verkaufte Einheiten deckten die Entwicklungskosten
- Exportquote von 22% ab 1961 stärkte die internationale Präsenz
Technisch profitierte die spätere Neue Klasse vom Know-how. Der Leichtbau und die selbsttragende Karosserie wurden weiterentwickelt. Basierend auf dem BMW 600, entstand ein Pionier für moderne Autos.
Produktionssynergien waren entscheidend:
- Nutzung des R67-Motorradmotors reduzierte Kosten
- Zulieferernetzwerk ermöglichte Großserienfertigung
- Baur stellte Cabriolets handgefertigt her
„Ein Meilenstein – wirtschaftlich wie technisch.“
Ohne diesen Erfolg wäre die Geschichte des Unternehmens vielleicht anders verlaufen. Der Wagen bewies: Innovation zahlt sich aus.
Fazit: Der BMW 700 als Meilenstein der Automobilgeschichte
Ein echter Pionier, der Maßstäbe setzte und bis heute fasziniert. Das Design von Giovanni Michelotti beeinflusste spätere Coupés und zeigt sich noch in modernen Modellen. Mit 87% Ersatzteilverfügbarkeit bleibt die Restaurierung attraktiv – Kosten bewegen sich zwischen 25.000 und 40.000€.
In der DDR-Motorsportszene inspirierte der Wagen den Melkus RS 1000. Heute pflegt eine lebendige Klassiker-Szene rund 1.200 registrierte Fahrzeuge weltweit. Ausstellungshighlights wie im BMW Museum München unterstreichen seine kulturhistorische Bedeutung.
Als Investmentklasse gewinnt dieses Auto stetig an Wert. Technische Innovationen und zeitlose Eleganz machen es zum begehrten Sammlerstück – ein Stück lebendige Geschichte auf vier Rädern.